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Deutsch als Fremdsprache |
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::::: Zur Einführung :::::
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„Deutsch als Fremdsprache“ richtet sich an alle, die sich für modernes Deutsch interessieren, ihre Sprachkenntnisse über die Alltagssprache hinaus gelegentlich ein wenig auffrischen und sich über Trends informieren wollen. Die nicht immer ganz ernst gemeinten Beiträge erscheinen je nach Anlass in unregelmäßigen Abständen. Sie enthalten in der Regel einen Bezug zu Japan oder zur japanischen Sprache, auch wenn dieser nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist.
W.H.
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::::: Sprachtest für Ausländer :::::
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11. November 2010 |
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Wie aus dem Amt für AusländerInnen mit Migrationshintergrund verlautet, wird ab 1. Januar der obligatorische Sprachtest für angehende Mitbürger um einen Eigennamen-Test erweitert. Damit soll festgestellt werden, ob die Prüflinge anhand von Personennamen ihre künftigen deutschen Mitbürger von Bürgern anderer Länder unterscheiden können. Diese Maßnahme war notwendig geworden, weil beim Fußballspiel Deutschland gegen die Türkei viele Fans die falschen Spieler bejubelten bzw. auspfiffen, weil ihnen Namen und Nationalitäten nicht ausreichend bekannt waren. Um die Fragen nicht zu theorielastig werden zu lassen, wurden aus Funk und Fernsehen bekannte Namensträger mit Angabe ihres Berufes aufgeführt. Hier eine Auswahl:
Name
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Beruf
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DeutscheR
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AusländerIn
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Mezut Özil
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Fußballer
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Sami Khedira
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Fußballer
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Aljona Sawtschenko
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Eiskunstläuferin
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Arnold Schwarzenegger
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Terminator, Politiker
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Cem Özdemir
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Politiker
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Lang Lang
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Pianist
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O |
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Es fällt auf, dass in der Liste keine sog. Hybrid-Namen wie „Karel Gott“ und „Wolfgang Hadamitzky“ vertreten sind. Vermutlich will man die Prüflinge nicht überfordern.
Um die Auswahl der Namen muss es hinter den Kulissen zu schweren Auseinandersetzungen gekommen sein. Das geht aus vertraulichen Protokollen der Arbeitsgruppe hervor, die im Tresor des Gründers von WeeklyLeaks verschlossen lagern. Die als „Streng Geheim“ klassifizierten Dokumente sollten wegen ihres brisanten Inhalts auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen. WeeklyLeaks hat deshalb eine Klage gegen Unbekannt wegen Datendiebstahls angekündigt.
Laut Protokoll fand sich für die Namen „Fahrin Urlaub“ und „Blixa Bargeld“ (beides Musiker) keine Mehrheit, weil ihre Herkunft unklar blieb. Weniger strittig war die Ablehnung von „Hansi Hinterseer“ (Volksmusikant), weil jeglicher Verdacht von Deutschtümelei vermieden werden sollte und einige in ihm das Symbol für den Niedergang der deutschen Leitkultur sehen.
Besonders umstritten waren folgende zwei Namen:
Knut
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Eisbär
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Paul
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Krake, Fußballexperte
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Ersterer wurde unter dem Vorwand verworfen, der Kandidat sei noch nicht volljährig. Paul wiederum war bereits allseits akzeptiert, doch kurz vor der Beschlussfassung erreichte die Runde die Mitteilung von seinem Ableben. Inzwischen wurde im Oberhausener Aquarium zwar ein Nachfolger gekürt, aber der Streit um den Namensvorschlag „Paul II.“ hätte dann beinahe zum Abbruch der Sitzung geführt.
Vertagt wurde die Entscheidung über den Vorschlag „Haruki Murakami“ (Schriftsteller). Zum einen konnte kein Konsens darüber erzielt werden, ob der Vorname vor dem Nachnamen stehen sollte wie in Japan üblich, also „Murakami Haruki“. Im Falle Chinas (z.B. Mao Tsetung) und Korea (z.B. Kim Ilsung) habe man im Westen diese Konvention übernommen. Warum mit japanischen Namen anders verfahren? Diese Lösung fand Unterstützung bei der Multikultifraktion: Man dürfe ausländische Namen nicht einfach zwangsgermanisieren. Ein anwesender Japanologe indes kritisierte diese Einstellung als halbherzig: Wer Authentizität wolle, könne den Namen gar nicht anders schreiben als die Japaner selbst, nämlich mit chinesischen Zeichen 村上春樹 oder wenigstens mit Silbenschriftzeichen, also むらかみはるき, wie in japanischen Kinderbüchern. Die Entscheidung für einen vorläufigen Verzicht, den Namen Murakami aufzunehmen, fiel, als ein Teilnehmer erwähnte, der Japaner habe die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt. In diesem Fall wäre mit dem Tag der Zuerkennung obige Liste nicht mehr korrekt, weil er dann als Deutscher zu gelten hätte. Der durch eine solche Änderung notwendig werdende Neudruck der Liste wäre dem deutschen Steuerzahler indes nur schwer zu vermitteln.
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::::: Alternativen zum Altern :::::
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13. Dezember 2008 |
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Seit berichtet wird, dass die Bevölkerung in Deutschland überdurchschnittlich rasch altert, frage ich mich, ob man als Individuum diesem Phänomen wirklich hilflos ausgeliefert ist. Denn wenn ich eine Möglichkeit für mich sähe, dem kollektiven beschleunigten Altern hierzulande zu entgehen, würde ich diese gern ergreifen.
Die Angebote der forever-young-Industrie kommen für mich leider nicht mehr infrage, denn erstens muss man jung sein, um jung bleiben zu können, und zweitens geben die Anbieter im Kleingedruckten zu, dass sie den Alterungsprozess zwar ein wenig aufhalten, aber nicht verhindern können. Was habe ich davon, wenn ich für viel Geld ein wenig länger alt bleibe?
Natürlich könnte ich mir die Tatsache zunutze machen, dass nicht alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen von der Alterung betroffen sind. So heißt es, Diabetiker, Drogenabhängige und Alkoholiker würden immer jünger. Trotzdem werde ich mich wahrscheinlich keiner dieser Gruppen anschließen: Das Risiko, zwar jünger zu werden, aber kürzer zu leben, scheint mir zu groß.
Bliebe noch das Auswandern in eins der Länder, deren Bevölkerung immer jünger wird. Gern würde ich mal wieder in Japan leben, auch um meine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Aber die Bevölkerung dort soll noch schneller altern als bei uns. Vielleicht wäre China eine Option. Wenn ich nur lange genug bliebe um jung genug dafür zu werden, könnte ich dort sogar einen Jugendtraum verwirklichen und mich als Raumfahrer bewerben. Ein Wort Chinesisch kann ich schon: Taikonaut.
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::::: Die Rückkehr der Astronauten :::::
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18. Oktober 2005 |
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Manchmal ist der Wandel der Sprache schneller als eine Rakete. Nach nur fünf Tagen im All sind Chinas in der deutschen Medienlandschaft als „Taikonauten“ (s. vorangehenden Beitrag) gestartete Raumfahrer unerwartet als „Astronauten“ zurückgekehrt. In ihrer Ausgabe vom 18.10.2005 auf Seite 8 versucht die Berliner Zeitung den plötzlichen Sprachwandel in ihrem Blatt so zu erklären: „Der Begriff ‚Taikonaut’ ist zwar im Westen beliebt, wird in China aber nicht benutzt.“ Mit anderen Worten: Die Medien haben den Begriff nur verwendet, weil er bei uns so „beliebt“ ist. Selbst wenn er beliebt (gewesen) sein sollte, fragt man sich, ob der „Taikonaut“ wie eine Art heiliger Geist aus dem Weltall auf uns Westler herabgekommen ist, oder ob es nicht die Medien waren, die der staatlichen chinesischen Propaganda aufgesessen sind und ihn durch die unkritische Übernahme überhaupt erst bekannt gemacht haben. Denn wer – außer den großen Agenturen – kennt und liest Propagandaseiten wie www.taikonaut.com/index_en.html? Wie in Diktaturen üblich, wird dort eine Sprachregelung gleich auch für verwandte Begriffe verordnet: Chinesische Raumfahrt ist nicht einfach Raumfahrt, sondern „Taikonautics“, und die Taikonauten haben keine Luftkrankheit, sondern „Taikonausea“. Das erinnert irgendwie an die „Deutsche Physik“, die es bei uns einmal gab.
Da hat selbst der „Fujiyama“ eine größere Daseinsberechtigung, obwohl die Japaner ihn „Fuji-san“ nennen. Erstens transportiert er keinen Größenwahn, und zweitens ist er tatsächlich beliebt.
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::::: Deutsch als Weltsprache :::::
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12. Oktober 2005 |
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Zu einer Zeit, in der die deutsche Sprache weltweit auf dem Rückzug ist, kommt frohe Kunde aus dem Land der Mitte. Anlässlich der zweiten „bemannten“* Weltraummission bekommt man dieser Tage auf allen Kanälen erklärt, dass die Chinesen für ihre Raumfahrthelden nicht etwa ein chinesisches Wort benutzen, sondern wie schon beim ersten Start vor zwei Jahren das deutsche Wort „Taikonaut“. Die Freude wird nur insofern ein wenig getrübt, als uns erklärt wird, das Wort „Taiko“ komme aus dem Chinesischen und bedeute so viel wie „Weltraum“. Immerhin sind wir durch „Astronaut“ und „Kosmonaut“ mit „naut“ vertraut.
Vielleicht sollte das Auswärtige Amt bei den Japanern anregen, dass auch diese für ihre Weltraumfahrer ein deutsches Wort verwenden, zumal der Trend zum Deutschen ja nicht zu leugnen ist, nachdem bei den Chinesen der „Taikonaut“ bereits seit über zwei Jahren eingebürgert ist. Mein Vorschlag: „Uchunaut“, denn die japanische Bezeichnung für „Weltraum“ ist „uchū“ (宇宙).
* Man darf auf die Wortwahl gespannt sein, wenn einmal lauter Frauen an Bord sind. Die „bemannte Weltraummission“ entstammt zwar der Berliner Zeitung vom 12.10.2005, ist aber in den Medien vermutlich ebenso omnipräsent wie der „Taikonaut“.
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::::: Rechtschreibreform :::::
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3. August 2005 |
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Deutschmann: Tanaka-san, was sagen Sie als Linguist zur Verunstaltung überkommener Schreibweisen durch die neue deutsche Rechtschreibung, wie z.B. im Wort ‚Bibliografie‘?
Tanaka: Das empfinde ich nicht als Verunstaltung, das ist nur ungewohnt. Und leider inkonsequent. Wollte man wirklich eine Vereinfachung, müssten alle ph durch f ersetzt werden.
Deutschmann: Sie würden also ‚Filosofie‘ schreiben wollen?
Tanaka: Ja, warum nicht? Die meisten europäischen Sprachen wie z.B. die romanischen und nordischen Sprachen schreiben ‚filosofia‘ / ‚filosofi‘, ‚alfa‘ und ‚teatro‘ / ‚teater‘. Das ist doch viel einfacher.
Deutschmann: Sie würden also auch alle th durch t ersetzen?
Tanaka: Ja, das wäre nur konsequent, und damit würden Zwitter wie ‚Orthografie‘ vermieden, die nach der neuen Rechtschreibung teils dem griechischen Vorbild folgen, teils davon abweichen. Darüber hinaus sollten auch alle griechischen rh und y abgeschafft werden: Warum nicht ‚Ritmus‘ statt ‚Rhytmus‘?
Deutschmann: Jetzt gehen Sie aber zu weit. Sie greifen damit in die Aussprache ein!
Tanaka: Das hat es zuvor schon gegeben, ist ebenfalls Gewöhnungssache. Denken Sie an ‚Symphonie‘ / ‚Sinfonie‘ und ‚Sylvester‘ / ‚Silvester‘.
Deutschmann: Sie vernachlässigen bei Ihrer Argumentation die Gefühle der Menschen, die gewachsene Tradition.
Tanaka: Dafür würde aber für die nächste und alle folgenden Generationen vieles einfacher werden, wenn Sie bedenken, wie viele junge Menschen heute Probleme mit der deutschen Rechtschreibung haben. Im Gegensatz zu manch anderen neuen Rechtschreibregeln wäre dies wirklich eine Vereinfachung ohne jegliche Nachteile. Die Eingriffe wären so geringfügig, dass die noch mit ph, th und y geschriebenen Texte für spätere Generationen lesbar blieben.
Deutschmann: Apropos Vereinfachung: Ich wollte Sie schon immer mal fragen, warum die Japaner ihre komplizierte Schrift nicht durch lateinische Buchstaben ersetzen.
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::::: Weiterleben nach dem Tode? :::::
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3. Juli 2005 |
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Laut Berliner Zeitung vom 30.6.2005 verhängten die Richter in Stade gegen einen zweifachen Mörder „eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung“. Wer die Sicherheitsverwahrung im Jenseits überwachen soll, wurde nicht mitgeteilt. Auch bei Meldungen aus den USA, wenn wieder einmal jemand zu zweimal lebenslänglich verurteilt worden ist, erfährt man selten Genaueres über das Wie und Wo des zweiten Lebenslänglich. Vermutlich muss die Presse hier vereinfachen, denn weder die Richter noch die Journalisten können vorhersehen, als was und an welchem Ort ein Verurteilter wiedergeboren wird. In Japan ist das Problem einfach gelöst: Bei Verhängung der Todesstrafe ist weder eine anschließende Sicherheitsverwahrung noch das Strafmaß „zweimal Tod durch den Strang“ vorgesehen.
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::::: ß, das unbekannte Wesen :::::
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4. Juni 2005 |
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Gäbe es eine rote Liste der vom Aussterben bedrohten Buchstaben, das ß (gesprochen: esszett) stände ganz oben. Die Schuldigen sind schnell ausgemacht: die Amerikaner mit ihrem Internet, und seit 1996 die Deutschen selbst mit ihrer neuen Rechtschreibung. Aber ist das ß überhaupt ein Buchstabe? Die oben angeführte Aussprache jedenfalls legt zwei Buchstaben nahe, nämlich ein s und ein z. Um das zu klären, schnell mal im großen Brockhaus nachschauen. Dort jedoch – stelle ich fest – sind alle Buchstaben des lateinischen Alfabets* als jeweils eigenes Stichwort aufgeführt, aber eben nicht das ß. Weder unter s, noch unter ss, sz und Eszett. Dabei wird es doch in Wörterbüchern wie ‚ss‘ sortiert! Also schnell unter ‚Alphabet‘ nachgesehen – vergeblich. Da es in der Tat wie auch die Umlaute außerhalb des Alfabets* steht und eine Verschmelzung aus zwei Buchstaben sein könnte, hoffnungsfroh schnell ‚Ligatur‘ aufgeschlagen – dort aber nur æ. Obwohl das ß wahrscheinlich kein lateinischer Buchstabe ist, dennoch mangels weiterer Ideen Stichwort ‚lateinische Schrift‘ aufgesucht. Fehlanzeige auch dort, weil es keinen Unterabschnitt über lateinische Schrift in Deutschland gibt. Neue Hoffnung, als mir aufgeht, ß muss natürlich unter ‚deutsche Schrift‘ stehen. Diesmal Erstaunen: ‚deutsches Reiterabzeichen‘ ja, aber kein Stichwort ‚deutsche Schrift‘, obwohl ich diese in der Schule gelernt hatte und daher weiß, dass es sie gegeben haben muss. Als ich mich schon mit solch dunklen Gedanken zu befassen beginne, wer wohl eher aussterben wird, die Deutschen oder ihr ß, kommt mir die Idee, wie ich den Abend doch noch mit einem Erfolgserlebnis abschließen könnte. Also nehme ich den Band 11 zur Hand und siehe da: Dort ist unter ‚japanische Schrift‘ das japanische Silbenalfabet* aufgeführt, sogar mit den seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr gebräuchlichen Zeichen ゐ und ゑ. ☺☺
* (Noch) keine neue deutsche Rechtschreibung.
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::::: Goethe in Japan :::::
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11. März 2005 |
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Die Zeit um 1900 war in Deutschland und Japan eine Ära der Schriftreformen. So fand in Deutschland der Reformprozess 1901 durch die amtliche Anerkennung der Regeln im „Orthographischen Wörterbuch“ von Konrad Duden ihren Abschluss, während 1900 in Japan per Erlass eine Vereinfachung beim Gebrauch der Hiragana verfügt wurde, wenn auch zunächst nur für Volksschulen. Da die Übersetzung von Goethes Werken ins Japanische jedoch bereits vorher eingesetzt hatte (Übersetzung des Faust 1897) und überdies nicht festgelegt war, welche Katakana welche fremden Laute repräsentieren sollten, wurden ausländische Wörter und Eigennamen zum Teil auf recht unterschiedliche Weise transkribiert. Davon blieb auch Goethe nicht verschont, zumal es für den Umlaut in seinem Namen kein adäquates Kana-Zeichen gibt.
Unter der folgenden Adresse http://structure.cande.iwate-u.ac.jp/german/mydeutsch/meindeut1972k.htm sind insgesamt 29 verschiedene Schreibweisen nachgewiesen:
Diese erstaunliche Vielfalt der Namensschreibungen unseres Olympiers hat ihren Niederschlag sogar in der japanischen Literatur gefunden, und zwar in einem berühmten Senryū – eine Gattung komischer Gedichte in Haiku-Form – des Schriftstellers und Kritikers 斉藤緑雨 Saitō Ryokuu (1867–1904):
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Gyoete to wa
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„Dieses Gyoete:
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ore no koto ka to
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Soll ich das sein?“
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Gēte ii.
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sprach Goethe.
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::::: Unwort des Jahres 2004 :::::
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6. Februar 2005 |
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Nachdem 1971 mit „aufmüpfig“ erstmals ein „Wort des Jahres“ gekürt worden war, konnte es nicht ausbleiben, dass irgendwann ein „Unwort des Jahres“ folgen würde. 1991 war es soweit: Aus 351 Einsendungen mit 439 Vorschlägen wählte im Rahmen der Gesellschaft für deutsche Sprache eine Jury „ausländerfrei“ auf den ersten Platz. Nach Problemen im Zusammenhang mit dem Kanzler(un)wort „kollektiver Freizeitpark“ (für 1993) machte sich die Jury unter dem Namen „Sprachkritische Aktion «Unwort des Jahres»“ selbständig. Kürzlich wählte sie aus 2.261 Einsendungen für das Jahr 2004 mit „Humankapital“ ein Wort aus der Wirtschaftssprache auf den ersten Platz. Die Ränge 2 und 3 belegen „Begrüßungszentrum“ und „Luftverschmutzungsrechte“ – letzteres wird sogar vom Rechtschreibprogramm meines Computers abgelehnt. Mit der gleichen Zwangsläufigkeit, mit der auf „Wort des Jahres“ das „Unwort des Jahres“ folgen musste, konnte das „Unwort des Jahrhunderts“ nicht ausbleiben: „Menschenmaterial“. Erstmals 1854 von Theodor Fontane verwendet und später von Karl Marx im „Kapital“, ist nicht klar, um welches Jahrhundert es sich handelt.
Was den Deutschen ihr „Wort des Jahres“, ist den Japanern ihr „Kanji des Jahres“. Nach einem Jahr der Naturkatastrophen wurde dort bei einer Umfrage das Zeichen 災 für „Unglück, Unheil, Katastrophe“ zum Kanji des Jahres 2004 gewählt – nur wenige Tage vor der Tsunami-Katastrophe am 26.12.2004.
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::::: Zwei Wörter des Jahres 2004 :::::
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16. Januar 2005 |
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Am 10.12.2004 hat die Gesellschaft für deutsche Sprache „Hartz IV“ zum Wort des Jahres gewählt. Der erste Teil ist der Familienname des Leiters der Hartzkommission, Peter Hartz, der zweite bezeichnet das vierte (IV.) Paket von Arbeitsmarktreformen dieser Kommission. Sie tagt schon etwas länger, was sich daran zeigt, dass ihr Name im neuen Rechtschreibduden von 2004 aufgeführt ist.
Das bei der diesjährigen Kür auf Rang 9 gelandete Wort „Rehakles“ werden Sie dort allerdings vergeblich suchen. „Rehakles“ ist eine Ehrenbezeichnung für Otto „Rehhagel“, den deutschen Fußballtrainer, der die griechische Nationalmannschaft 2004 zur Europameisterschaft geführt hat – nach Meinung der Griechen und der deutschen Medien eine Leistung vergleichbar den Kraftakten des antiken Herkules, mit dessen Namen seiner nun verschmolzen wurde. „Rehakles“ konnte es in die Rangliste schaffen, weil seine Weisheiten über den engen Kreis des Fußballs hinaus Allgemeingültigkeit besitzen. So kennen viele Deutsche seinen Spruch: „Geld schießt keine Tore“. Eigentlich hatte er gemeint, „Geld schreibt keine Wörterbücher“; aber hätte er das gesagt, hätte ihm niemand zugehört.
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